Aus der Reihe „Chronik - kein Kommentar!“
Atomkatastrophe in Japan.
Von der Faszination des Grauens zu seiner demokratischen Verarbeitung: GAU und Geist

Am 11. März 2011 erobert die „Apokalypse“ mit unzähligen Bildern von überschwemmten Landstrichen und menschlicher Not in beispiellosem Ausmaß die Schlagzeilen und Hauptsendezeiten. Es scheint, als könnten die Leute gar nicht genug davon kriegen. Kulturkritisch wird alsbald gegenüber einem amerikanischen Nachrichtensender angemerkt:

„Man betrachtet die sich wiederholenden und bis zur Groteske perpetuierten Fernsehbilder. Die Szenarien ungezählter Endzeitfilme von ‚Flammendes Inferno‘ bis ‚The Day After Tomorrow‘ schießen einem in den Kopf. Es ist, als hätte Roland Emmerich die Regie bei CNN übernommen.“ (SZ, 12.3.)

Auch hierzulande muss sich freilich kein nach feierabendlicher Ablenkung trachtender Bürger Horror- oder Katastrophenfilme ausleihen. Filmreife Sensationen, deren Genuss ebenso regelmäßig wie begriffslos als „Sensationslust“ den niederen Instinkten des Menschen zugerechnet wird, sind auch auf deutschen Kanälen im Überfluss geboten. Und die gehen über das Filmangebot weit hinaus: In den dramatischen Bildern ist das ‚Inferno‘ aus immensen Zerstörungen und menschlichen Tragödien nicht fiktiv, sondern real – und jeder Zuschauer kann sagen, er sei dabei gewesen.

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Atomkatastrophe in Japan.
Von der Faszination des Grauens zu seiner demokratischen Verarbeitung: GAU und Geist

 Am 11. März 2011 erobert die Apokalypse mit unzähligen Bildern von überschwemmten Landstrichen und menschlicher Not in beispiellosem Ausmaß die Schlagzeilen und Hauptsendezeiten. Es scheint, als könnten die Leute gar nicht genug davon kriegen. Kulturkritisch wird alsbald gegenüber einem amerikanischen Nachrichtensender angemerkt:

„Man betrachtet die sich wiederholenden und bis zur Groteske perpetuierten Fernsehbilder. Die Szenarien ungezählter Endzeitfilme von ‚Flammendes Inferno‘ bis ‚The Day After Tomorrow‘ schießen einem in den Kopf. Es ist, als hätte Roland Emmerich die Regie bei CNN übernommen.“ (SZ, 12.3.)

Auch hierzulande muss sich freilich kein nach feierabendlicher Ablenkung trachtender Bürger Horror- oder Katastrophenfilme ausleihen. Filmreife Sensationen, deren Genuss ebenso regelmäßig wie begriffslos als Sensationslust den niederen Instinkten des Menschen zugerechnet wird, sind auch auf deutschen Kanälen im Überfluss geboten. Und die gehen über das Filmangebot weit hinaus: In den dramatischen Bildern ist das ‚Inferno‘ aus immensen Zerstörungen und menschlichen Tragödien nicht fiktiv, sondern real – und jeder Zuschauer kann sagen, er sei dabei gewesen. Auf der Couch vorm Bildschirm. Ideell kann jeder miterleben, wie auf einen Schlag ganz real und noch dazu in einer Wirtschaftsmacht wie Deutschland (SZ, 12.3.) das gewohnte Funktionieren des bürgerlichen Berufs- und Privatlebens von den Urgewalten der Natur förmlich weggespült wird. Die pure Außergewöhnlichkeit eines solchen Geschehens macht es zur Sensation und bereitet denen, die das Gewohnte überwiegend als Mühsal und Überdruss empfinden, diese seltsame Art von ‚Lust‘. Die beläuft sich denn auch auf ein virtuelles Erleben eines Ausnahmezustands vom tristen Alltag. Von den fraglos gültigen ‚sinnvollen‘ Zwecken des bürgerlichen Lebens ist auf der Mattscheibe dann eine Zeitlang nichts zu sehen, und deswegen erschöpft sich der Kommentar regelmäßig in begriffsstutzigen Ausrufen wie

‚Wahnsinn!‘

In diesem geht es nur noch um das nackte Überleben von Menschen. Bestürzte Anteilnahme entsteht da wie von selbst. Deswegen schafft der GAU im Wohnzimmer sogar hierzulande eine kleine Ausnahmesituation: Auf dem hohen Level purer Mitmenschlichkeit kommen die Leute klassenübergreifend ins Gespräch:

„Die Welt hält den Atem an, und die Betroffenheit kennt keine Parteien. Die Wucht der Wassermassen, die nukleare Gefahr, das Leiden der Opfer sind Gesprächsthema am Ramschtisch im Kaufhaus ebenso wie in palisandergetäfelten Chefetagen.“ (SZ, 15.3.)

Aus lauter Betroffenheit und menschlichem Mitgefühl rückt dem deutschen Menschenschlag sogar das exotische Volk Nippons geistig näher:

„Fremd sind uns die Japaner, sehr fremd. Doch es gibt einen Grad des Leidens, der alle Menschen einander ähnlich macht.“ (Die Zeit, 17.3.)

Offenbar ist es einem deutsch orientierten Menschen sonst nicht so ohne weiteres möglich, in einem Japaner einen Menschen zu erkennen.

Wie ehrlich und tief die menschliche Anteilnahme auch empfunden werden mag, sie macht nicht vergessen, dass die Nation, der diese ‚fremden‘ Menschen angehören, der eigenen ansonsten als potenter und lästiger Konkurrent begegnet. Die in Katastrophenfällen üblichen Spendenaufrufe bleiben daher zunächst aus und später dürftig. Die angeschlagene Nation ist ja reich genug zur Selbsthilfe. Die Rückkehr eines frustrierten THW-Teams, das wegen technischer und/oder behördlicher Probleme nicht zum Einsatz kam, bestätigt, dass man diese Nation getrost sich selbst überlassen kann. Also muss sich die gleichwohl fällige öffentliche Darstellung des Mitleids mit Trauerbeflaggung, Schweigeminuten, Gedenkgottesdiensten und dergleichen begnügen. Kreative Ideen für nationalen Symbolismus dieser Art sind da höchst willkommen:

„Nicht nur in der Bundesliga gibt es am Wochenende eine Gedenkminute für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Japan. Der DFB hat am Donnerstag in Frankfurt dies auch für die Vereine der dritten Liga, der Regionalligen, der A-Junioren-Bundesliga sowie der zweiten Frauen-Bundesliga angekündigt. Zudem rief der Verband die Clubs auf, mit Trauerflor zu spielen.“ (FAZ, 18.3.)

So sieht das aus, wenn die Trauer einer Nation um die Opfer einer anderen zur sinnlichen Darstellung gebracht wird.

Dass auch in Zeiten öffentlich ausgestrahlter Katastrophenstimmung und nationaler Mitleidsbekundungen ganz andere Gesichtspunkte zählen, zeigt die denkbar ungenierte Art, wie sie angesichts der Schreckensnachrichten aus Japan vorgebracht werden. Die diesbezüglichen Angebote seitens der Medien folgen dem Prinzip des Panoptikums, ‚Wahnsinn!‘ schreit hier allerdings keiner. Die vielen Analysen, Kommentare und Meinungen wirken auf staatsbürgerlich geschulte Gemüter vielmehr ‚interessant‘, weil sie stets die Frage im Auge behalten, was das fernöstliche Debakel ‚für uns‘ energie- und parteipolitisch, ökonomisch und moralisch und nicht zuletzt kulturell bedeutet. Noch während laufend neue Schreckensnachrichten bekannt werden und die Opferzahlen stetig steigen, wird bereits der erste

Nutznießer der Katastrophe

dingfest gemacht: Es ist das bislang oberste Objekt der kritischen Berichterstattung, der von Aufständischen und dem Westen bedrängte Gaddafi. Der entkommt nun den Schlagzeilen und kann womöglich im Schatten von Fukushima einen schmutzigen Sieg (Zeit, 17.3.) davontragen:

„Wenn es auf der Welt einen Mann gibt, der Japans dreifache Katastrophe aus Erdbeben, Flut und Reaktorversagen für eine glückliche Fügung hält, dann wird das der Diktator von Libyen sein. Während die Welt wie gefesselt nach Japan schaut, holt sich Muhammar Gaddafi offenbar mit aller Gewalt die Macht über sein Land zurück: Kilometer für Kilometer, Stadt für Stadt.“ (ZDF, 13.3.)

Als ob die Befehlshaber der Weltordnungsmächte vor lauter Sensationslust ihre politischen Vorhaben vernachlässigen würden. Als ob deren Vorgehen in irgendeiner Hinsicht von der Intensität der Berichterstattung abhängig wäre. Dass faktisch nicht einmal die öffentliche Feindbildpflege gegenüber dem zum Abschuss freigegebenen Diktator Schaden nimmt, wenn die sensationsbewusste Öffentlichkeit ihre Kriegshetze kurzfristig auf die hinteren Seiten verbannt, beweist der ZDF-Mann mit seinem eigenen Kommentar: Der gnadenlose Zyniker aus Libyen nutzt die Katastrophe in Japan zu weiteren Schandtaten gegen unsere Rebellen! Ein aktueller Beleg für den ohnedies feststehenden Befund, dass der Mann aus dem Verkehr gezogen werden muss.

Mit dem anlaufenden GAU von Fukushima sorgt sich die europäische Presse in seltener Einigkeit darum, dass sich womöglich auch die Atomkraftgegner ihrer Länder mit dem Motto ‚Fukushima ist überall‘ zu Nutznießern der Katastrophe machen. Deren antizipierte Bodengewinne werden vorsorglich schon mal als ‚zynisch‘ desavouiert: Man sei es den ‚vielen japanischen Opfern‘ schließlich schuldig, in stiller Trauer zu verharren und nicht gleich in schamloser Ausnutzung des Unglücks über den Grund ihrer Misere und möglichen Konsequenzen daraus zu rechten. Es versteht sich, dass die ‚vielen japanischen Opfer‘ genauso gut als Berufungsinstanz für Einsprüche seitens der Atomkraftgegner und der Parteien, die sie als Wähler gewinnen wollen, verwendungsfähig sind. Ganz nach Geschmack und Interesse ‚verhöhnt‘ eine Atomdiskussion die Opfer oder gibt ihrem traurigen Schicksal Sinn. Die öffentlichen Medien aber bemühen sich zunächst in großer Eintracht, einen geistigen Fallout zu verhindern, der in einen vorschnellen und übertriebenen Zweifel an der nationalen Atompolitik münden könnte. Dazu eine kleine Presseschau vom 13.3. zum Thema

Sichere europäische Atomkraft

Die Sunday Times hält es für angezeigt, in einer Art geistiger Sofortmaßnahme ‚irreführendes‘ Denken über die Atomkraft im Keim zu ersticken:

„Die Kernkraft sollte durch diese Katastrophe nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden... Die Tragödie in Japan, so schwerwiegend sie auch sein mag, sollte keinen irreführenden Einfluss ausüben.“

Wenn ein japanisches AKW in die Luft fliegt, braucht kein Mensch gegenüber britischen skeptisch zu werden. Kein Grund also, den geplanten Bau neuer Atommeiler in Frage zu stellen. Zumal sich die Sache mit den unberechenbaren Naturgewalten in Great Britain locker in den Griff kriegen lässt: Neue Standorte müssen lediglich mit großer Umsicht ausgewählt werden.

Die Dernière Nouvelle d’Alsace will zwar nicht gleich ein Denkverbot erlassen, verordnet den Franzosen aber erst mal eine Denkpause:

„Der Mythos der Sicherheit der Atomkraft, der in der Vergangenheit ohne schwerwiegende Unfälle gewachsen ist, wird nun in Frage gestellt... In unserem Land wäre eine grundlegende Diskussion über die Gefahren radioaktiver Emissionen und über die Endlagerung atomarer Abfälle angebracht. Doch im Augenblick sollten wir alle Polemik ausschalten und uns zuerst mit den Japanern solidarisch zeigen.“

Ob den Japanern sachlich oder seelisch gedient ist, wenn man im fernen Europa die Sicherheitsfrage betreffs Atommeiler einen ‚Augenblick‘ tabuisiert? In der verordneten Anteilnahme steckt denn auch mehr Heuchelei als Solidarität: Dem eigenen Volk soll zu einer ‚sachlichen‘ Stellung zum französischen Atomprogramm verholfen werden: Eine Denkpause beruhigt die Gemüter und schafft Platz für energiepolitische ‚Vernunft‘.

In diesem Sinne lässt die Berliner Morgenpost den höchsten Amtsinhaber im Staat zu Wort kommen. Der warnt davor, das heiße Thema auf den Sicherheitsgesichtspunkt zu reduzieren:

„Bundespräsident Christian Wulff war es, der das Angemessene tat und Mitgefühl ausdrückte. Der Fall Fukushima bestätigt den Ausstiegskurs. Jetzt allerdings eine Hysterie-Debatte zu führen, wird weder dem japanischen Drama noch dem komplexen Energiethema gerecht.“

Die mehr oder weniger gleichlautenden Warnungen vor ‚vorschnellen‘ Argumenten gegen die Atomkraft hindern die verantwortlichen Publizisten und Politiker freilich nicht, den japanischen GAU auf der Stelle zum Argument für das jeweils eigene nationale Atomprogramm zu machen: In England spricht es für den weiteren Ausbau, in Frankreich für ein vielleicht leicht modifiziertes Weitermachen, und in Deutschland für das, was hier ‚Ausstiegskurs‘ heißt. In allen Nationen ist aber erst einmal Ruhe und Besonnenheit das Gebot der Stunde. Praktischerweise bietet sich

der japanische Volkscharakter als Vorbild

für die zu hysterischen Reaktionen neigenden Deutschen an: In Japan droht eine nukleare Katastrophe und hier sind die Geigerzähler ausverkauft. (SZ, 12.3.) Von so etwas wie der German Angst ist im Land der aufgehenden Sonne jedenfalls nichts zu spüren. Das Lob einer fremden Völkerschaft ist eben seit alters her von einer Kritik an der eigenen getragen:

„Bewundernswert, sogar beneidenswert wirkt die Gelassenheit der Japaner.“ Und: „Ein Land trauert, aber es behält die Nerven. Man fragt sich: Was wäre jetzt in Deutschland los? Würden die Leute so ruhig bleiben?“ (SZ, 12. und 14.3.)

Die westlichen Korrespondenten finden es daher gar nicht pietätlos, sondern lehrreich, ihre Kameras auf ruinierte Überlebende zu richten, um deren Besonnenheit in größter Not und ihren unentwegt lächelnden Optimismus in die weite Welt zu übertragen.

„Sind Japaner anders? Angesichts der ruhigen Reaktion auf die unglaubliche Katastrophe drängt sich die Frage auf. Warum lächeln sie, wenn sie davon erzählen, dass ihr Haus zerstört wurde? Warum verbeugen sie sich noch, wenn sie schlechte Nachrichten hören?“

Warum das so ist, ist freilich nicht so wichtig. Was zählt, ist das Resultat, die schier unendlich belastbare Volksdisziplin. Es gibt hier in schwierigen Situationen keine Panik – besonders wichtig in einem dicht besiedelten Land. (FAZ, 14.3.)

Wichtig ist das insbesondere für das, was für ein Volk in Not am wichtigsten ist: Es muss regierbar bleiben. Dass für diesen edlen Zweck nur die Instanzen in Frage kommen, die das Volk überhaupt in eine Situation gebracht haben, in denen Ruhe und Ordnung sich als erste Bürgertugend empfehlen, spielt hier keine Rolle. Offenbar auch nicht für die Japaner. Deren unbeirrbares Vertrauen in ihre Obrigkeit macht die Nation stark. Da können die aufgeregten Individualisten hierzulande viel lernen:

„Ihre Disziplin wird zu ihrer großen Stärke, etwa bei der Evakuierung der gefährdeten Gebiete um die havarierten Kraftwerke. Sie folgen den Anweisungen – und hoffen, dass es die richtigen sind.“ (ebd.)

Die kritisch als Wegwerfarbeiter (ARD, 17.3.) bezeichneten Tepco-Angestellten, die im Zuge eines Kamikaze-Einsatzes in der Strahlenhölle (Fokus 16.3.) von Fukushima ihren letalen Dienst verrichten müssen, empfiehlt man gleichzeitig den hiesigen, von Egoismus verseuchten Gesellschaften als Exempel vorbildhaften sozialen Verhaltens:

„Mut kann man nicht gesetzlich regeln. Was in Japan geschieht, ist ein Aufopfern weniger für eine große Stadt, für ein Land. Etwas, was wir weitgehend vergessen haben, was aber eine Gesellschaft nie ganz vergessen darf.“ (Klaus von Dohnanyi, ARD, 16.3.)

Was eine große und starke Nation sein will, muss sich in Zeiten nationalen Notstands auf die heldenhafte Opferbereitschaft des Volkes verlassen können:

„Diese unverbrüchliche Solidarität zwischen Bürger und Staat (...) mag aufgeklärten Völkern befremdlich erscheinen, entwickelt nun aber erst einmal eine beruhigende Wirkung in der Katastrophe. Gesellschaftliche Regeln, nicht einfach nur Gesetze entfalten in Japan eine stabilisierende Kraft – Regeln über den Umgang miteinander, die Hierarchisierung der Gesellschaft, die disziplinierte Zurückhaltung in der Masse... Die fast schon stoisch anmutende Duldsamkeit, die starke innere Einheit der Menschen – das ist Japans stärkstes Kapital in der Zeit der Krise.“ (SZ 15.3.)

Man erfährt auch, wie fürsorglich die ‚unverbrüchliche Solidarität zwischen Bürger und Staat‘ von oben gepflegt wird. Da wirkt es zum Beispiel durchaus wohltuend, wenn staatliche Stellen die Bürger nicht unnötig mit drohenden Gefahren verschrecken. In Notstandssituationen kommt es auf vorbehaltloses Vertrauen des Volks in seine Führung an:

„Die Mischung aus Aktivismus und Halbinformation wirkt auf die ohnehin fatalistische Bevölkerung zusätzlich beruhigend.“ (SZ 14.3.)

Leute, die in Japan die Herrschaft ausüben, werben mit geradezu rührenden Stilmitteln für das unabdingbare Vertrauensverhältnis von Volk und Staat:

„Selbst der Regierungschef trägt die hellblaue Weste der Arbeiter, weil er einer von allen sein möchte, weil in der Krise alle gleich sind im Staat.“ (ebd.)

Wer sich auf diese ebenso alberne wie heuchlerische Weise mit seinem Volk ‚gleich‘ macht, ist es freilich nicht. So einer betrachtet sein Volk vielmehr vom Standpunkt der Herrschaft als allseitig verwendungsfähiges nationales ‚Kapital‘. Offenbar mit Erfolg. Dem Verhältnis von Volk und Staat in Japan werden von hiesigen Kommentatoren jedenfalls Bestnoten attestiert: Die augenfälligen Charakteristika der Nation: Rücksicht, Unterordnung, Selbstkontrolle. (SZ 15.3.) Kann man sich mehr von einem Volk wünschen?

Man kann. Die unendlichen Möglichkeiten des moralischen Vergleichens und Interpretierens bewähren sich auch andersherum. Was dieses Volk katastrophentauglich macht, verweist gleichzeitig auf

die demokratische Unreife der Japaner.

„Auf der anderen Seite kann man sich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass die Japaner zu viel zu ruhig hinnehmen.“ (FAZ, 15.3.)

Wie aber kann zu viel Untertanengeist dem Verhältnis von Volk und Staat schaden? Wenn ein Staat seine ureigenen Aufgaben vernachlässigt und das dazugehörige Volk ihn nicht energisch an diese erinnert! Wenn die Behörden Atomkonzerne leichtsinnig wirtschaften lassen, obliegt es einem Volk, sich staatsnützlich einzumischen, das heißt, eine sicherheitsmäßig angemessene Reglementierung der Atomwirtschaft einzufordern. Wozu ist es schließlich demokratisch verfasst?

„Die Politik ist mit der Atomindustrie eng verbandelt. (...) Japan ist eine Demokratie, aber die Kontrolle der Regierung durch die Wähler hat bisher kaum funktioniert.“ (SZ, 14.3.)

Die ‚beneidenswerte Gelassenheit‘ eines braven Volkes erscheint von daher als eingedrillte Routine (SZ 15.3.) eines unmündigen Volkes. Die Japaner müssen sich so gesehen auch an die eigene Nase fassen, wenn ihnen ein Atomkraftwerk um die Ohren fliegt. Die Gratwanderung zwischen der gelobten widerspruchslosen Staatstreue und der vermissten kritischen Staatskontrolle schaffen noch nicht einmal die japanischen Medien zur Zufriedenheit deutscher Medien:

„In einer Demokratie bilden die Medien die vierte Gewalt. Japans Medien tun das nicht. (...) Eine Debatte um Atomkraft hat es in Japan nie gegeben.“ (SZ, 14.3.)

So machen die jahrzehntelang heftig inkriminierten Atomkraftgegner eine Karriere zum Beleg für die vorbildhafte Demokratie Deutschlands.

Aus dieser Perspektive gewinnt ein ungeahnter und geradezu historischer Sinn des GAUs Konturen:

„In der Sowjetunion hat der GAU von Tschernobyl den Niedergang eines kaputten, gelähmten politischen Systems beschleunigt.“

Eine erfrischende Katalysatorwirkung könnte und sollte nun Fukushima für Japan haben. Auch für das erstarrte Wirtschaftssystem:

„Im Grunde hätte sich die Wirtschaftsnation Japans auch ohne Katastrophe neu erfinden müssen.“ (SZ, 15.3.)

So ist das im bürgerlichen Verstand: Wo ein Nachteil ist, versteckt sich meist auch ein Vorteil. Man muss ihn nur suchen und finden. So werden die Japaner in gewisser Weise selbst zu Nutznießern der Katastrophe. Was ihre nationale Zukunft anlangt, müssen sie jetzt endlich anpacken, was nach kundiger Meinung deutscher Journalisten ohnehin längst fällig war: ihre Wirtschaft ordentlich voranbringen.

Noch lange bevor man in Japan in diesem Sinne zur Besinnung kommt, denkt man in Deutschland über Konsequenzen aus der Katastrophe nach. Und das unerwartet schnell und gründlich. Die Reflexionen über das Für und Wider von Nutzung oder Abwicklung der Atomkraft bekommen sogar eine großes Aufsehen erregende, offizielle Richtungsvorgabe: Angela Merkel höchstselbst initiiert ein

‚Umdenken‘ in Sachen Kern- und erneuerbare Energien.

Blöd gelaufen: Zuerst warnt die Presse in Ausübung ihres verantwortungsvollen Berufs der geistigen Volksbetreuung vor vorschnellen Schlüssen aus dem japanischen GAU, verteidigt die Sicherheit deutscher Kernkraftwerke und verpflichtet jeden auf die gültige Atompolitik, und zwei Tage später verkündet die Regierungschefin angesichts der Katastrophe eine ‚neue Lage‘, setzt die gerade noch durchgepaukte Laufzeitverlängerung für deutsche Atommeiler aus und legt sieben alte still.

Ob es sich hierbei um eine dramatische Wende (SZ 18.3.) oder eher um eine listige ‚Show‘ der Chefin handelt, ist freilich tagelang unklar. Sattelfeste Demokraten vom mündigen Wähler über den kritischen Kommentator bis hin zum Kabinettsmitglied Brüderle wissen nämlich, dass politische Statements nicht zuletzt auf die publikumswirksame Glaubwürdigkeit dessen gemünzt sind, der sie vorträgt, und glauben daher erst einmal gar nichts. Das wirft nebenbei ein Licht auf das vertrauensvolle Verhältnis von Volk und Staat in einer Demokratie voller vorbildlicher Demokraten: Die Regierungschefin spricht und keiner nimmt ihre Rede ernst. Alle ventilieren vielmehr verdutzt, ob und inwieweit ihre Ansage wahltaktisch oder doch irgendwie ernst gemeint sein könnte. Tagelang geht das so. Demokratiemethodische Verständnisgründe für mögliche regierungsamtliche Lügen bieten die anstehenden Urnengänge in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz jedenfalls zur Genüge. Die SZ verspricht vorsorglich schon mal eine kritische Langzeitstudie über die Merkel’sche Glaubwürdigkeit:

„Um jedes der sieben Kernkraftwerke wird einzeln gerungen werden. Und an jedem wird sich am Ende festmachen lassen, ob Merkel nur aus taktischen Gründen ein Moratorium wollte, oder ob Sicherheit tatsächlich eine Rolle spielt. Gehen am Ende nur zwei oder drei AKWs vom Netz, dann wäre die Denkpause der Kanzlerin nicht mehr als eine große Show kurz vor heiklen Wahlen. Lassen sich dagegen mehr Kernkraftwerke abschalten, muss Merkel erklären, wie das so plötzlich möglich war. Schließlich waren sie eben noch als ‚Brücke in ein Zeitalter erneuerbarer Energien‘ dringend nötig.“ (SZ, 18.3.)

In der Tat ein harter Brocken: Die technischen Notwendigkeiten, die eben noch für eine Laufzeitverlängerung gesprochen haben, sollen auf einmal nichts mehr zählen. Das bringt auch Leute, die sich eben noch einen Geigerzähler besorgt haben, darauf, was wirklich zählt in der Republik: die Glaubwürdigkeit des Führungspersonals. Und da tut sich ein tiefes Problem auf. Der Spiegel zum Beispiel fragt sich mit seinem kennerhaften Blick auf die Techniken und Fallstricke der demokratischen Glaubwürdigkeitswirtschaft prompt, ob das Ansehen der konservativen Koalition überhaupt noch zu retten ist:

„Es ist ein riskantes Spiel, das Merkel begonnen hat. Zu abrupt ist der Schwenk, zu schlecht ist er vorbereitet. In den eigenen Reihen fürchten viele um die Glaubwürdigkeit des bürgerlichen Lagers. Kann sich eine Partei, die Kernkraft noch vor kurzem als ‚Ökoenergie‘ gefeiert hat, glaubwürdig an die Spitze der Anti-Atom-Bewegung stellen?“ (Spiegel, 21.3.)

Sie kann. Die FAZ führt mit einem einfühlsamen Nachvollzug der neuen Sprachregelungen exemplarisch vor, wie die Politik einen glaubwürdigen

Übergang von einer notwendigen Laufzeitverlängerung zu einer notwendigen Laufzeitverkürzung

inszeniert. Zunächst, heißt es, hat der GAU in Japan auch hierzulande eine neue Lage geschaffen. Es hat sich zwar sachlich nichts an den Sicherheitsstandards deutscher AKWs geändert, aber die verblüffende Erfahrung, dass tatsächlich passieren kann, was man für wenig wahrscheinlich hielt, schafft der Kanzlerin zufolge zumindest geistig eine neue Lage. Zu der gehören auch und wesentlich die neu entfachten Ängste der Leute. Die muss die Politik ‚ernst nehmen‘, auch wenn sie ‚irrational‘, ‚übertrieben‘ oder gar ‚hysterisch‘ sind. Damit ist auch schon klar, dass die Ängste nicht wegen des ihnen zugrunde liegenden Bedürfnisses nach einem halbwegs unverstrahlten Leben ernst genommen werden ‚müssen‘. Dieses Müssen verdankt sich vielmehr der allgegenwärtigen Parteienkonkurrenz; man muss schließlich gewählt werden, wenn man regieren will. Solche machtstrategischen Berechnungen gelten in einer funktionierenden Demokratie nicht als zynisch, sondern im Gegenteil als respektabel und vertrauenserweckend. Auch offen berechnende Bemühungen um Glaubwürdigkeit und Wählergunst werden honoriert; wenigstens bemüht sich die Herrschaft auf diese Weise um ihr Volk. So dient die Befindlichkeit der Volksmassen als probates Übergangsargument für eine energiepolitische Umorientierung: Nicht die Politik hat die atomare Sicherheitsfrage falsch oder verlogen eingeschätzt, sie muss jetzt aber auch die psychologische Verfassung ihres Volkes berücksichtigen und sogar – selbstverständlich energiepolitisch ‚vernünftig‘ bleibend – danach handeln.

„Der Regierungskoalition blieb angesichts der Schreckensbilder aus Japan nichts anderes übrig, als die Flucht nach vorne anzutreten... Es ist schwer vorstellbar, dass die Kanzlerin sich eines Tages zur Wiederwahl stellen will mit dem Slogan, sie habe – als gelernte Physikerin – selbst die Methusalems unter den deutschen Atommeilern wieder zum Laufen gebracht. (FAZ, 16.3.)

Wenn das Atomthema endlich auf die Ebene der parteipolitischen Konkurrenz heruntergebracht ist, stellen sich da freilich auch andere Gesichtspunkte als das Sicherheitsbedürfnis der Wählermassen ein. Eine Regierung muss sich schließlich auch am Wirtschaftswachstum messen lassen, das unter ihrer Ägide zusammenkommt. Und da spielen die Gewinne der Energiebranche eine nicht unbedeutende Rolle. Gefragt ist also

ein Übergang mit Augenmaß,

denn ein ökonomischer Rückschlag des Exportweltmeisters bleibt auch angesichts der atomaren Katastrophe ein nicht hinnehmbares Risiko:

„Energiepolitik setzt die langfristige Gültigkeit politischer Entscheidungen voraus. Wegen der auf Jahrzehnte berechneten Amortisationszeit von Kraftwerken aller Art würde sonst kein Investor unsere Stromversorgung sicherstellen wollen.“ (FAZ, 19.3.)

Im Klartext: Wenn die Gewinninteressen der Energieriesen gesichert sind, kann auch der wirtschaftspolitische Sachverstand der energiepolitischen ‚Zäsur‘ ein Plazet erteilen. Die Bild-Zeitung verweist in demonstrativer Sachlichkeit mit 5 unbequemen Atom-Wahrheiten, die keiner wirklich hören will darauf, dass auch noch ein paar andere Gesichtspunkte in die Modalitäten einer energiepolitischen Wende einfließen müssen:

„Kohle und Gas müssen Atomkraft ersetzen! Das heißt: Alte (schmutzige) Kohle- und Gaskraftwerke müssen länger laufen. Mindestens ein Dutzend neuer Kraftwerke müsste gebaut werden. Doch dagegen laufen Anwohner und Naturschützer Sturm.“ (Bild, 17.3.)

So werden die schädlichen Wirkungen eines Kraftwerks gegen die eines anderen ausgespielt, wobei als selbstverständlich unterstellt ist, dass jederzeit billiger Strom im Überfluss zur Verfügung stehen muss. Rebellierende Umweltschützer und das Sankt-Florians-Prinzip der Anrainer künftiger ‚Dreckschleudern‘ werden nebenbei zum Argument für Atomstrom uminterpretiert. Mit der Botschaft, dass man es einem Volk von starrköpfigen Protestlern und Häuslebauern ohnehin nie recht machen kann, wird dieses davon in Kenntnis gesetzt, dass seine angstvolle Befindlichkeit seitens seiner Herrschaft sachlich nicht ‚ernst‘ genommen werden kann! Dafür gibt es noch politisch höherwertige Gesichtspunkte:

„Wer für den Klimaschutz ist, kann kaum gegen Atomkraft sein! Die Eisbären – globales Symbol des Klimawandels – leiden vor allem unter den weltweit qualmenden Kohlekraftwerken (allein China erzeugt 70 % seines Stroms aus Kohle, verbrennt 1,5 Milliarden Tonnen pro Jahr). Die ehrgeizigen Klimaschutzziele Deutschlands und vieler anderer Staaten sind ohne Kernkraft nicht erfüllbar.“ (ebd.)

Wie soll der deutsche Anwalt der Eisbären weiterhin die Chinesen wegen der Zerstörung arktischer Lebensräume anprangern, wenn er selber wieder mehr Kohle verfeuert? Und hat die Regierung überhaupt die geostrategische Lage der Nation bedacht?

„Deutschland ist umzingelt von Atomkraft! Auch wenn Deutschland alle Meiler abschaltet, leben wir nicht sicherer! 126 Atomkraftwerke stehen in der EU, 72 in unseren Nachbarländern. Allein Polen plant vier neue Reaktoren.“ (ebd.)

Und was lernen wir daraus? Das Bestehen auf größtmöglicher Sicherheit ist volkswirtschaftliche Dummheit! Der Gesichtspunkt der Sicherheit ist immer gegen den des nationalen Konkurrenzerfolgs abzuwägen. Sollen ‚wir‘ etwa so blöd sein, unsere billigen Stromquellen abzuschalten, um mit dem Import von ausländischem Billigstrom ausländische Profitkalkulationen zu versilbern? Das müsste doch jedem anständigen deutschen Durchschnittsnationalisten einleuchten! Tut es auch. Dass dies eine ‚Wahrheit ist, die keiner hören will‘, trifft die Sachlage insofern nicht ganz. Genau das ist wesentlicher und mit großer Zustimmung bedachter Bestandteil der Diskussionsvorgaben aus dem Kanzleramt. Abschalten geht nur als europäisches Abschalten! Mit anderen Worten: Das neue deutsche Abschaltprogramm ist auch ein neues europäisches Einmischungsprogramm.

Mit dieser breit angelegten Volksaufklärung, bei der die Sicherheit von AKWs eine immer kleinere Rolle spielt, wird das politisch interessierte Volk darauf eingestellt, dass eine

schnelle Wende in der Atompolitik unmöglich

ist. Wer sich schwer tut, das den gewählten ‚Verantwortlichen‘ als großen Erweis ihrer Vernunft abzunehmen, kann sich ja an die neu entdeckte japanische Tugend der politischen Vertrauensseligkeit halten. Und wer meint, es müsse sofort etwas geschehen, soll mit der Energiewende schon mal ‚bei sich anfangen‘, sprich: Verzichtsbereitschaft demonstrieren. Wer dies nicht tut, hat jedenfalls kein Recht, sein Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit zum Argument gegen Atommeiler zu machen:

„Viele Menschen sind mit dem Gewissen gegen, mit dem Geldbeutel aber für Atomkraft! Bei der letzten Bundestagswahl stimmten rund 15 Mio. Wähler für die Atomausstiegs-Parteien SPD und Grüne. Die Wahrheit ist aber auch, dass zum selben Zeitpunkt nur zwei Mio. Haushalte atomfreien Ökostrom bezogen.“ (Bild, 17.3.)

Unter dem Motto Jetzt sollen Atommeiler abgeschaltet werden. Was schalten Sie ab? (ZDF, 15.3.) belästigen Interviewteams in Fußgängerzonen und Moderatoren in Talkshows ihre Opfer. Als ob Atommeiler wegen der Bequemlichkeit von Haushaltsgeräten in Betrieb wären.

Es dauert nicht lange, dann gesellen sich zur Demonstration der Betroffenheit gegenüber den verheerenden Wirkungen der Katastrophe auf die japanische Bevölkerung sorgevolle Überlegungen zu direkten und indirekten

Wirkungen der Katastrophe auf die deutsche Wirtschaft.

„Nach der Emotion kommt die Rationalität, man kann auch sagen: das Geschäft.“ (SZ, 15.3.)

Wer diesen vielsagenden Zusammenschluss von Profit und Rationalität als Quintessenz der Debatte um Sicherheit der Atommeiler und Ängste der Bevölkerung liest, liegt nicht daneben. Wer jetzt ‚vernünftig‘ bleibt, ängstigt sich um das Wohlergehen der Wirtschaft. Der journalistische Sachverstand meldet in diesem Sinne als erstes: Erdbeben, Tsunami und GAU passen überhaupt nicht zur Konjunktur der sich gerade vom finanzkapitalistischen GAU erholenden Weltwirtschaft: Ein Schock für die Weltwirtschaft. Der Zeitpunkt hätte nicht schlimmer sein können. (SZ, 14.3) Dass da schlimme Auswirkungen für die abhängig Beschäftigten ins Haus stehen, sollte dem halbwegs mitdenkenden Wirtschaftsbürger damit klar sein. Dieser hat dies freilich positiv aufzunehmen und sein Mitleid mit den entwurzelten japanischen Volksmassen um die Sorge für das weltweite Gelingen des deutschen Geschäftslebens zu ergänzen, das ganz selbstverständlich als das Medium unterstellt ist, von dem er prächtig lebt – und nicht etwa für das er arbeitsintensiv und schlechtbezahlt rentabel gemacht wird:

„Japans Außenhandelsverflechtung deutet darauf hin, dass von Lieferengpässen und einer schwächeren Importnachfrage vor allem die asiatischen Staaten betroffen wären. Das erhöht die Risiken für die globale Konjunktur. Ein schwächeres Wachstum in China würde auch Deutschlands Exporte treffen.“ (FAZ, 18.3.) Das katastrophale Resultat: „Schon nehmen erste Forscher ihre Konjunkturprognosen für Deutschland zurück.“ (SZ, 16.3.)

Solche Ausführungen informieren Otto Normalverbraucher darüber, welch fein verästeltes Pflänzchen das globalisierte Wirtschaftsleben ist. So gut wie alles hängt da mit allem zusammen, und allein wegen dieser etwas nebulösen Vorstellung kann er sich vorsorglich auf härtere Zeiten einstellen. Schlechte Zeiten sind aber immer auch welche großer Hoffnung: Einem Abschwung folgt ja – das weiß jeder – in schöner Regelmäßigkeit ein Aufschwung:

„Das Beben-Tsunami-Fallout-Problem wird das Land zunächst in die Rezession führen und damit der Weltwirtschaft neue Belastungen bringen – ehe dann die Kräfte des Wiederaufbaus greifen.“ (SZ, 15.3.)

Und da gibt es eventuell neue Marktanteile in Japan zu erobern. Auch für unsere Unternehmer:

„Die Bewältigung des Erdbeben-Desasters könnte endgültig den immer noch weitgehend geschlossenen japanischen Markt öffnen. Die Globalisierung wäre dann nicht nur bei jenen Konzernen angekommen, die auf den Exportmärkten Erfolge feiern, sondern in der Gesellschaft selbst. Erst dann könnte es mit der Wiedererstarkung Japans ernst werden.“ (SZ, 15.3.)

Soll sich der ‚abhängig Beschäftigte‘ jetzt darauf freuen, dass er sich demnächst mit hoher Leistung und geringem Lohn an der Eroberung japanischer Märkte beteiligen darf? Drängt sich da nicht der Verdacht auf, dass solche erwartungsfrohen Überlegungen zynische Spekulationen auf die japanische Katastrophe sind? Mitnichten! Das ‚Weltblatt aus München‘ bedient auch die moralischen Bedürfnisse seiner Leser: Ausgerechnet die Eroberung japanischer Märkte durch auswärtiges Kapital soll zur ‚Wiedererstarkung‘ der japanischen Wirtschaft beitragen und der japanischen Gesellschaft einen Entwicklungsschub bescheren. Chancen für ‚uns‘ können unmöglich auf andere bedrohend wirken!

Analog zum Geschehen in Japan und den damit verknüpften Aussichten in Deutschland gibt es

auch auf der höheren finanzkapitalistischen Ebene jede Menge Chancen und Risiken

zu konstatieren. Handlungsunfähige Firmen werden schlechter notiert, die Immobilien- und Baubranche kann dank ins Haus stehender Großaufträge respektable Kursgewinne verzeichnen. Die systematische Verwandlung des katastrophalen Geschehens in Japan in Gewinnspekulationen charakterisiert die fachkundige Presse dem staunenden Leser frank und frei als zynischen Charakter der Finanzmärkte. (FAZ 15.3.) Gerade das durch keinerlei Moral konterkarierte Streben nach Gewinn ist aber der Inbegriff von Vernunft! Wenigstens behält die Spekulationsbranche einen kühlen Kopf: Nirgends ist Rationalität spürbarer als an der Börse, dort, wo Erwartung gehandelt, wo Zukunft zu Geld wird. (SZ 15.3.) Auch das ein schöner Hinweis darauf, welche Rolle die Bedürfnisse der Leute in einer freien Marktwirtschaft spielen. Tags darauf erfährt man, dass die marktwirtschaftliche Geld-Vermehrungs-Rationalität bei Gelegenheit von dramatischen ‚Stimmungsschwankungen‘ gebeutelt ist und folglich mit Unmengen Geld gehätschelt werden muss, um eine schlimmere Katastrophe zu verhindern: den Einbruch der Finanzspekulation. Die muss schließlich ihre wertvollen Dienste fürs Geschäftsleben weiter erfüllen: Sicherheitshalber hat die Bank von Japan die Wirtschaft des schockierten Landes mit viel Geld geflutet. Das soll den Absturz in eine apokalyptische Stimmung verhindern. (SZ 16.3.) Wenn die vertrackte Gemengelage von Katastrophen und Konjunkturen, Stimmungen und Spekulationen im Kopf des zeitungslesenden Endverbrauchers herumgeht wie ein Mühlrad, ist das nicht weiter schlimm: Für das nationalökonomische Problembewusstsein des normalen Bürgers tut’s auch die moralische Binsenweisheit, dass im Leben alles zwei Seiten hat:

„Katastrophen sind grausam in der Gegenwart, aber sie bieten Chancen in der Zukunft.“ (SZ, 15.3.)

Natürlich erkennen auch die nationalen Feuilletonredaktionen ihre Chancen! Sie verfügen schließlich über höhere und höchste Gesichtspunkte, die schöpferisch auf die Katastrophe bezogen werden können. Das versorgt die feinsinnige Leserschaft mit kulturell besonders wertvollen Gesichtspunkten zum GAU. Das Katastrophen-Räsonieren erklimmt damit die luftigen Höhen

philosophischer Betrachtungen über Mensch und Natur, Schicksal und Schuld.

Die Freiheit des Deutens und Sinnstiftens ist in diesen Sphären, die sich von Sicherheits- wie Rentabilitätsgesichtspunkten in Sachen Atomstrom restlos emanzipieren – auch wenn mal böse Begriffe wie ‚Kapitalismus‘ fallen –, naturgemäß grenzenlos. So erfährt man etwa, dass in der ewigen Auseinandersetzung ‚des Menschen‘ mit ‚der Natur‘ nicht alles planbar ist und in Folge dessen keinem Erdenbürger eine Schuld angelastet werden kann:

Niemand hat Schuld an einem Unglück, wie es nun über Japan hereingebrochen ist. (SZ, 12.3.)

Und als stünde ein philosophisches Lehrstück über die Identität von ‚Alles und Nichts‘ auf dem Programm, erfährt man gleichzeitig, dass alle irgendwie schuld sind:

„Ist das System Erde aus dem Gleichgewicht geraten? Hat Mutter Gaja Schluckauf? Vielleicht schlägt die Natur zurück. Sind am Ende wir Menschen selbst verantwortlich? Unsere Abgase, unsere Rohstoffförderung, unsere Gier nach Energie, nach Plastik, nach Öl?“ (SZ, 12.3.)
Vom Gammelfleischskandal bis zum GAU, immerzu werden ‚wir‘ Konsumenten mit ‚unserem‘ – angeblich frei gewählten – nimmersatten Lebensstil dafür verantwortlich gemacht, dass die unternehmerischen Konkurrenzsubjekte, die sich für ihre satten Bilanzen um jede zahlungsfähige Nachfrage schlagen, einen so unstillbaren Bedarf nach billigen Rohstoffen und Energie haben.

Eine Synthese von Schuld und Schicksal lässt nicht lange auf sich warten: Das Zusammentreffen von historischer Entwicklung und menschlichem Materialismus macht

unsere Verletzlichkeit sichtbar. Ein Ausgeliefertsein, das einerseits logische Folge der Industrialisierung ist. Andererseits auch eine Folge eines selbstgewählten Lebensstils. (SZ, 12.3.)

Nachdem hier schon dauernd das fiktive, von allen konkreten Zwecken befreite Subjekt namens ‚Wir‘ alias ‚die Menschheit‘ dem Geistersubjekt ‚die Natur‘ gegenübergestellt ist, liegt eine menschheitsgeschichtliche Conclusio so gut wie auf der Hand:

Fukushima ist schon jetzt der Name für das Ende des Atomzeitalters. Fukushima steht für die verlorene Wette, mit der die Menschheit die Kräfte der Natur und der Physik herausforderte. (Spiegel, 21.3.)

So kann man sich das Platzen japanischer Atommeiler auch zurechtlegen: Die Menschheit wollte mal wieder zu viel haben und hat zu hoch gepokert; da kann die höhere Rache für solch ewig menschliche Unbescheidenheit nicht ausbleiben. So arbeitet sich das kultiviert-vergeistigte Bewusstsein zur alltagstauglichen Moral vom kleinen menschlichen Wicht vor, der immer zu viel will, und der großen Natur, die ihn von Zeit zu Zeit auf Normalgröße zurechtstutzt.

Eine sozialpsychologische Deutung des Strebens nach immer mehr Wohlstand bei gleichzeitigem Verlust von Mitmenschlichkeit und Augenmaß hat sich ein Kulturwissenschaftler vorgenommen. Seine kulturpessimistische Kapitalismuskritik kommt denn auch gänzlich ohne ökonomische Bestimmungen, nicht aber ohne gezielte Übertreibungen und Verdrehungen aus:

„Auf den zum User gewordenen Bürger wirkt der Umstand, dass es beim neuen iPad zu Lieferengpässen kommen könnte, weil Japan notwendige Bauteile im Moment nicht liefern kann, am Ende schockierender als das Verrecken von Millionen Menschen.“

Die solchermaßen pervertierte Urteilskraft des modernen Egozentrikers führt auch mal zu einem GAU und erklärt sich über ‚kapitalistisch‘ bedingte Wahrnehmungsstörungen:

„Das Perfide am kapitalistischen System und all seinen Wohlstands-, Gerechtigkeits-, Gesundheits- und Sicherheitsgewinnen ist ja, dass es jeden Aspekt des Daseins in Waren verwandeln kann und damit potentiell allen zugänglich macht, insofern sie nur das Glück haben, sie kaufen zu können. Es kann alles vereinnahmen und alle gleichmachen im globalen Glück des Konsums, aber weil es alles gleich, nämlich kaufbar macht, hat es auch alle Alternativen zu ihm selbst zum Verschwinden gebracht.“ (FAZ, 20.3.)

Wie locker hier die Einförmigkeit der Preisform in eine gedankliche Eindimensionalität mündet! Weil der Kapitalismus gegen ein entsprechendes pekuniäres Äquivalent alles zu bieten hat, ist für den Menschen zwangsläufig keine Alternative denkbar. Überall prangt ein Preisschild und verspricht das ‚Glück des Konsums‘ und deswegen kann sich kein kaufwütiger Raffzahn mehr was ohne so eines vorstellen. Das ist der Kapitalismus in uns allen. Man fragt sich freilich, warum bei jeder Gelegenheit für die Rationalität der Marktwirtschaft geworben wird, wenn es gedanklich sowieso unmöglich ist, sie abzulehnen? Aber sei’s drum. Das Szenario, dass jedermann mit den vielen Segnungen des Kapitalismus – den zitierten ‚Gewinnen‘ für jedermann – und sogar mit Angeboten, die er sich gar nicht leisten kann, geistig korrumpiert ist, macht die Leute samt und sonders zu nutznießenden Komplizen dieses Systems: Keiner braucht sich also groß zu beschweren, wenn ‚das System‘ mal – zum Beispiel mit einem GAU der höchsten Güteklasse – seine Schattenseiten zeigt. Also bleibt gar nichts anderes übrig, als

die unvermeidlichen Risiken einer ‚modernen Gesellschaft‘

billigend in Kauf zu nehmen. Dies ist die Erkenntnis eines Soziologen, der sich seit geraumer Zeit in der Risikoforschung hervortut:

„Der Risikobegriff besagt, dass wir vergangene Erfahrungen zur Grundlage und damit zum Erwartungshorizont künftiger Katastrophen machen. Gerade diese Annahme wird aber in Frage gestellt, weil wir inzwischen wissen, dass uns Katastrophen drohen, die wir noch nicht erfahren haben und die wir auf keinen Fall erfahren dürfen. Aufgrund dieser veränderten Prämisse stehen wir vor dem Problem, wie wir rational mit dem unbekannten Risiko umgehen? Auf diese Frage gibt es bisher keine angemessene Antwort.“

Wie das? Hat er nicht die naheliegende Antwort gerade gegeben? Hat er nicht gerade von Risiken berichtet, deren katastrophale Ausmaße ‚gewusst‘ werden und die ‚wir‘ daher ‚auf keinen Fall erfahren dürfen‘? Daraus aber darf man offenbar keine Schlüsse ziehen und keine Maßnahmen ableiten. Es gibt nämlich noch eine andere und ebenso gewichtige Seite: Was Risiken birgt, bringt auch große Vorteile:

„Wir haben es mit Konsequenzen der Erfolge der Moderne und ihrer technischen Phantasie zu tun. Sie stellen uns vor mögliche Katastrophen, die unser begriffliches und institutionelles Fassungsvermögen übersteigen. Trotzdem sind wir zu Entscheidungen gezwungen. Die Frage lautet daher, welche Sicherheits- oder besser gesagt, welche Unsicherheitskultur wollen wir akzeptieren. Sie kann nicht von Technikern oder Juristen allein entschieden werden, sondern bedarf eines neuen öffentlichen Diskurses.“ (Ulrich Beck, SZ, 14.3.)

Der Mann der Wissenschaft macht uns angesichts des GAUs nicht nur mit unserem eigentlichen Problem vertraut, dass der Mensch nämlich immer und überall nur das aufgrund empirischer Erfahrungen Vorstellbare kalkuliert, nicht aber das bis dato Unvorstellbare, aber doch Mögliche. Er weist uns auch den Ausweg aus dem – von ihm selbst konstruierten – Widerspruch: die bewusste Inkaufnahme eines Risikos! Das Problem dabei: Wie viel Risiko soll’s sein? Die Lösung: Darauf muss man sich einigen. Wer? Wir alle, die aufgerufen sind, das per definitionem geistig Unfassbare mitzudiskutieren, wie wenn man mitzuentscheiden hätte. Da muss ein ‚neuer Diskurs‘ her, und gleichzeitig ist klar, dass ‚unser Fassungsvermögen‘ seinem Gegenstand gar nicht gewachsen ist. Der Ausweg aus der Bredouille: Wo die Grenze des Verstandes überschritten ist, muss mit anderen, sprich: demokratischen Methoden eine ‚Entscheidung‘ her. Wie schön, dass diese maximal erreichbare Vernunft schon institutionalisiert ist. Da gibt’s fortwährend ‚neue öffentliche Diskurse‘, an deren Ende immer die Wahl eines seiner politische Exponenten an die Schalthebel der Macht steht, dessen Entscheidungen sodann als gesellschaftlicher Konsens verbindlich sind. Im Ergebnis dieser Art ‚Diskurs‘ ist das Ideal japanischer Gleichmut deutlich wiederzuerkennen: Ist das Risiko einmal in einer dergestalt lebendigen ‚Unsicherheitskultur‘ ausdiskutiert und von den Zuständigen verbindlich gemacht, braucht keiner mehr nervös zu werden, wenn der worst case eintritt. Diese apologetische Weisheit, die dem Staat einen Lehrstuhl, den Zeitungen viel Raum und ihren Lesern viel Zeit wert ist, ist freilich billiger zu haben. Altkanzler Helmut Schmidt: Alles hat sein Risiko. (Zeit, 17.3.)

Ein vom Freiburger ‚Institute for Advanced Studies‘ veranstaltetes öffentliches Symposium zum Thema

Katastrophen an und für sich

gewinnt dem Atomunfall noch ganz andere nützliche Seiten ab. Zum Beispiel die: Meist geht es nach dem schrecklichen Ereignis irgendwie weiter – mitunter sogar besser als zuvor. (SZ, 10.5.) Ein Historiker verfällt in seiner unentwegten Suche nach zukunftsträchtigen Faktoren auf die katastrophale Frage: Sind Katastrophen vielleicht sogar notwendig? Wofür? Für den Fortschritt der Menschheit natürlich: Wo etwas kaputt geht, entsteht Platz für Neues! Das kann interessanterweise auch ein Theologe anhand des Johannes-Evangeliums belegen:

„In einem Moment, wo durch Menschenhand keine Besserung mehr möglich ist, muss die Gottheit die Uhr zurückdrehen und nochmals anfangen.“ (ebd.)

An dieser trostreichen Botschaft können sich die dank der kostensparenden Risikokalkulationen eines Energiekonzerns verstrahlten und obdachlos gemachten Japaner ebenso wie wir alle erbauen. Auch hier schreit keiner ‚Wahnsinn‘! Die SZ findet das eher wahnsinnig ‚interessant‘ und entdeckt da Brillianz und überraschende Einsichten. (ebd.) Auf solch hohem Reflexionsniveau können sich die versammelten Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler schließlich auf die Idee eines Soziologen einigen: Eigentlich braucht die Gesellschaft Katastrophen. Auch ein Beitrag zu Merkels ‚Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung‘.

Zum aktuellen Thema Katastrophen und wie man positiv über sie denkt, haben auch die Kulturschaffenden und ihre öffentlichen Begleitmusiker gewichtige Gesichtspunkte beizutragen. Sinnstiftende Katastrophen sind längst Gemeingut im Reich des schönen Geistes! Mit Kennerblick weisen sie zum Beispiel an diversen Beispielen japanischer Kulturgüter – Stichwort Godzilla! – nach, dass seit Hiroshima die Katastrophe von der japanischen Kunst & Kultur nicht wegzudenken ist.

„Das Motiv der apokalyptischen Endzeit, in der nicht nur alle Infrastruktur und staatliche Gewalt vernichtet sind, sondern auch alle Grundregeln des Lebens außer Kraft gesetzt werden, ist in sämtlichen Kulturgattungen der japanischen Nachkriegskultur omnipräsent.“ (SZ, 15.3.)

Seither gehören kollektive Nahtoderfahrungen zu Japan wie das Kirschblütenfest. Das hat was Versöhnliches: Immerhin ist dieser uns so fremde Menschenschlag kulturell seit langem auf Katastrophenszenarien eingestellt. Vielleicht sind sie ja wegen des jahrzehntelangen Konsums von Grusel-Filmen so bewundernswert entspannt. Hierzulande hat man allerdings noch kulturellen Nachholbedarf: „In Berlin lesen Künstler und Prominente Friedrich Dürrenmatts ‚Die Physiker‘ als letzte Mahnung. (Spiegel, 28.3.)

Was von den öffentlichen Sinnstiftern darüber hinaus dem Publikum an

Mahnungen und Lehren aus der Katastrophe

ans Herz gelegt wird, kommt einem freilich nicht ganz unbekannt vor. Im Anblick der großen Not schrumpfen die vergleichsweise kleinen Nöte des Alltags bis zur Unsichtbarkeit:

„Das könnte die positive Lehre aus der Katastrophe sein. Womöglich kann ein solcher Tag das eigene Hadern mit Unregelmäßigkeiten im modernen Alltag mindern.“ (SZ, 12.3.)

Die Not, die man sieht, aber nicht erleidet, macht einen reicher an Bescheidenheit. Wer gelernt hat, dass es an der Welt nichts zu meckern gibt, sollte seine kritische Aufmerksamkeit gegen sich selbst richten. Schließlich ist ja – Profite hin, Konkurrenz her – letzten Endes die menschliche Hybris der Kern des Übels:

„Wieder einmal rührt die Bedrohung aus dem Irrglauben, die Erde sei dem Menschen untertan und jedes Risiko durch Wissenschaft und Technik zu beherrschen.“ (Spiegel, 21.3.)

Also muss noch vor den Atommeilern die menschliche Überheblichkeit abgeschaltet werden:

„Vielleicht wären wir bescheidener, wenn wir uns ab und zu daran erinnern würden, dass wir als Amöbe angefangen haben.“ (SZ, 12.3.)

Im eigenen Materialismus liegt schließlich seit Niederschrift der Bibel der Ursprung alles Schlechten:

„Die Botschaft der Katastrophen war stets die gleiche, und stets wurde sie überhört, sie heißt ganz schlicht: Du musst dein Leben ändern.“ (Spiegel, 21.3.)

Wie? Wer weiß? Wissen kann man nur, dass es ‚irgendwie weitergehen‘ muss. Wie gut, dass es Leute gibt, die entscheiden, wie!